Zoff auf CDU-Parteitag um private Schulen
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 12. November 2008 um 09:37 Uhr Geschrieben von: Ilona Hartmann Montag, den 10. November 2008 um 09:35 Uhr
OZ Â I Montag, 10. November 2008 | Mecklenburg-Vorpommern
Zoff auf CDU-Parteitag um private Schulen
Zoff auf CDU-Parteitag um private Schulen
Die Kürzung von 6,2 Millionen Euro bei den Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft
hat beim Landesparteitag der CDU für einen offenen Schlagabtausch gesorgt.
Warnemünde (OZ) Ob Kreisreform mit oder ohne Eingemeindungen, Streichkonzert in Theatern
oder Kürzungen bei Privatschulen: Die etwa 200 Delegierten auf dem Landesparteitag der CDU in
Warnemünde zeigten sich kontrovers und streitlustig wie lange nicht mehr. Offiziell verabschiedete
der Parteitag zwölf Leitsätze, mit denen die Union ins Kommunalwahljahr starten will.
Schwerpunkte sind Finanzen, Familie und Bildung.
Einer hatte den Weg ins Warnemünder Kurhaus trotz anderslautender Ankündigung nicht
angetreten: Der wegen dubioser Spenden des Siemens-Günstlings Wilhelm Schelsky seit
Monaten politisch angeschlagene Greifswalder Bundestagsabgeordnete Ulrich Adam blieb dem
Parteitag fern. Dem Vernehmen nach soll Adam buchstäblich in letzter Minute dem starken
Druck aus seiner eigenen Partei nachgegeben haben.
Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach Bildung der Großen Koalition präsentierte sich die
zweitstärkste Regierungspartei insgesamt alles andere als geschlossen. Vor allem die Rede des
früheren Landeschefs Eckhardt Rehberg sorgte für Aufsehen. Rehberg brandmarkte nicht nur die
von Bildungsminister Henry Tesch (CDU) erarbeiteten Kürzungen für private Schulen, gegen die
vor dem Parteitag rund zwei Dutzend Eltern und Schüler demonstriert hatten. Der Rostocker
Bundestagsabgeordnete ging insgesamt mit der Regierungspolitik seiner Partei auf Landesebene
hart ins Gericht. Er forderte die Parteiführung unter Landeschef Jürgen Seidel leidenschaftlich
auf, gegenüber der SPD stärker als bislang ein eigenes Profil zu zeigen.
Während Seidel für seinen Appell zu einem „neuen Politikstil des Miteinanderredens“ nur
mäßigen Applaus erhielt, quittierten die Delegierten Rehbergs Brandrede minutenlang mit
rhythmischem Klatschen. Nicht wenige Delegierte merkten anschließend an, Rehberg wolle sich
nach dem Rücktritt des früheren Ministerpräsidenten und langjährigen politischen Widersachers
Harald Ringstorff (SPD) erneut im Land politisch in Stellung bringen.
In Gegenwart von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die dem Landesverband MV angehört,
zeigte sich Seidel nachdenklich und räumte Fehler ein. Er gab jedoch das Ziel aus, nach
vorn zu schauen. Die Wirtschaft müsse sich gegen die drohende Finanzmarktkrise
stemmen. Seidel plädierte für höhere Löhne im verarbeitenden Gewerbe, die mit 64
Prozent im Vergleich zum Westen Deutschlands im Nordosten nach wie vor viel zu niedrig
seien. Das Land brauche mehr qualifizierte Arbeitsplätze. Hierzu sei das geplante
Kohlekraftwerk in Lubmin nötiger denn je.
Merkel sagte den neuen Ländern weiterhin besondere Unterstützung zu. Die Arbeitslosigkeit sei
trotz vieler Fortschritte fast doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern. Der Solidarpakt II
werde wie vereinbart bleiben. Die Delegierten zeichneten den Greifswalder Kinderarzt Ernst
Hinrich Ballke (69) mit dem Witte-Preis für ehrenamtliches Engagement aus. Ballke engagiert
sich für kranke Kinder und im Naturschutz. Der Preis ist nach Siegfried Witte (1897-1961)
benannt, Mitbegründer der CDU in MV.
JÖRG KÖPKE