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30.09.2008: Schwerin / MVregio
Nachdem auf gleiche Weise die Ergebnisse des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde zu den möglichen Auswirkungen eines am Standort Lubmin betriebenen Steinkohlekraftwerks für den Greifswalder Bodden vorgestellt wurden,

hält es der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus (49,SPD) wegen der Vorhabensdimensionen und des hohen öffentlichen Interesses für geboten, die ebenfalls im Auftrag der Landesregierung erstellten Gutachten über die Auswirkungen eines solchen Kraftwerksbetriebes auf die Badewasserqualität und die Luftgüte der Öffentlichkeit umgehend bekannt zu machen.

"Die Menschen in der Region haben das Recht, über solche Ergebnisse schnellstmöglich informiert zu werden. Die Landesregierung hat die Pflicht dafür zu sorgen, dass sie Eingang in ein rechtstaatliches Verfahren finden, in dessen Ergebnis eine Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens stehen wird", sagte Minister Dr. Backhaus heute. Es sei daher richtig, auch zu diesen vor allem auf mögliche Auswirkungen für die menschliche Gesundheit bezogenen Fragestellungen Gutachten von völlig unabhängigen, renommierten Wissenschaftlern einzuholen und sich nicht allein auf Angaben und Gutachten des Antragstellers zu verlassen. Dass die Gutachter der unabhängigen Studien die Ergebnisse zunächst selbst vorstellten, sei einerseits der hohen Fachspezifik geschuldet, soll den Medienvertreter andererseits auch Möglichkeiten zur gezielten Nachfrage direkt an die Verfasser bieten. "Das Verfahren muss transparent sein, wozu auch gehört, dass Gutachten veröffentlicht werden, damit über sie vernünftig diskutiert werden kann", so Minister Dr. Backhaus, der ankündigte, dass die heute in der LPK vorgestellten insgesamt drei Teilgutachten alsbald für jedermann nachvollziehbar im Internet veröffentlicht würden.

Gutachten/Gutachter sowie Auszüge aus den Zusammenfassungen der Gutachten:

  1. "Expertise zu den Auswirkungen der Kühlwassereinleitung durch das geplante Steinkohlekraftwerk Lubmin in den Greifswalder Bodden in Bezug auf die Qualität des Badewassers an den angrenzenden Badestellen"

    Prof. Dr. med. Werner Solbach, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein der Universität zu Lübeck

    Prognostiziert wird, dass die Einleitung des Kühlwassers den kritischen Zeitraum für das Vorkommen von potenziell menschenpathogenen Vibrio vulnificus-Bakterien vermutlich verlängern wird. Der Gutachter empfiehlt daher, über die in der Badewasser-Richtlinie der EU genannten Parameter hinaus routinemäßig alle 14 Tage quantitativ zu untersuchen und das Risiko zu bewerten. Er erwartet keine erhöhten Gesundheitsrisiken bei Legionellen und bewertet eine erhöhte Gefährdung durch Blaualgen (Cyanobakterien) und Makrophyten als nicht wahrscheinlich.

  2. "Einfluss der Kühlwassereinleitung auf die Sauerstoffsättigung, das Keimspektrum sowie die Entwicklung des Phytoplanktons im Greifswalder Bodden"

    Dr. rer. nat. Georg J. Tuschewitzki, Hygiene-Institut des Ruhrgebiets, Mitglied der Nationalen Schwimm- und Badebeckenkommission BWK, die Behörden in Fragen der Schwimm- und Badewasserhygiene berät

    Der Gutachter geht davon aus, dass es im Gewässer lokal zu Schichtungen mit Sauerstoffmangelerscheinungen (Hypo-/Anoxie) kommen könne, deren Dauer und Ausmaß sehr unterschiedlich erwartet werden. Angrenzende Flachwasserbereiche könnten betroffen sein, lokale Fischsterben erscheinen möglich. Sauerstoffmangel könnte Auswirkungen auf das Keimspektrum haben, was allerdings für die Strandbereiche als unwahrscheinlich erachtet wird, weil dort keine stabilen Schichtungen auftreten dürften. Massenentwicklungen bestimmter Organismen durch Sauerstoffmangel würden dagegen nicht erwartet, da als limitierend hierfür eher die Nährstoffverfügbarkeit gelte.

    Hinweis: Beim Einfluss des erwärmten Kühlwassers auf die Sauerstoffsättigung und hinsichtlich der Entwicklung des Phytoplanktons stützt sich der Gutachter auf die Ergebnisse des ebenfalls unabhängigen IOW-Gutachtens.
  3. "Gutachterliche Stellungnahme zu den gesundheitlichen Auswirkungen der von dem geplanten Steinkohlekraftwerk Lubmin emittierten Luftschadstoffe" sowie federführende Betreuung der Gesamtstudie

    Prof. Dr. rer. nat. Ulrich Ewers, Hygiene-Institut des Ruhrgebiets und apl. Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf, Vorsitzender der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes

    Der Gutachter erwartet keine bedeutsamen Veränderungen zu der bereits vorhandenen Immissionsbelastung. Die Abweichungen dürften im Bereich der typischen Schwankungen im Jahres-, Tages- oder Stundenverlauf liegen oder im Bereich der Messunsicherheiten der Messverfahren. Eine messtechnisch nachweisbare Verschlechterung der Luftqualität wird daher nicht erwartet. Selbst bei Zugrundelegung von worst-case-Annahmen werden keine Auswirkungen prognostiziert, die eine Prädikatisierung der betrachteten Gemeinden als Kur- und Erholungsorte in Frage stellen würden. Quecksilber dürfte ganz überwiegend über den Wasserpfad emittiert werden, dies in quantitativ durchaus erheblichem Umfang. Eine kritische oder gar gesundheitsschädliche Anreicherung von Quecksilber in Fischen des Boddens wird allerdings nicht erwartet.

    Eine detailliertere Betrachtung der Feinstaub-Emissionen hält der Gutachter für obsolet, da die Vorbelastung sehr gering und durch das Vorhaben keine relevante Erhöhung der Feinstaub-Immissionskonzentrationen zu erwarten sei. Gesundheitlich relevante Wechselwirkungen der Luftschadstoffe seien ebenfalls nicht zu erwarten. Ein zusätzliches Krebsrisiko durch Krebs erzeugende Schwermetallverbindungen hält der Gutachter für so gering, dass es empirisch nicht erkenn- oder nachweisbar sei. Im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass wesentliche Schadstoffparameter nicht berücksichtigt wurden. Die heran gezogenen Beurteilungswerte werden als aktuell und plausibel eingestuft.

    MVregio LAndesdienst red/mv

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