Polen vor die Tür gesetzt
Schwerin setzt Polen vor die Tür
Trotz gegenteiliger Behauptungen mischt sich die Landespolitik in das Verfahren zum umstrittenen Kohlekraftwerk Lubmin ein. Umweltminister Backhaus (SPD) versucht, Polen aus dem Genehmigungsverfahren herauszuhalten.
Das Umweltministerium hat offenbar eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, Wege zu finden, wie die Nachbarrepublik Polen aus dem Genehmigungsverfahren für das geplante und umstrittene Steinkohlekraftwerk Lubmin herausgehalten werden kann. Das geht aus Dokumenten der Kanzlei "Prof. Versteyl Rechtsanwälte" in Berlin hervor, die an das Ministerium gerichtet sind und die unserer Zeitung vorliegen.
"Oberstes Ziel müsse es sein, Polen davon zu überzeugen, dass eine Mitwirkung entbehrlich ist", heißt es in dem Schreiben der Kanzlei vom 17. September vergangenen Jahres. Komme nämlich eine förmliche Mitwirkung nach der Umweltverträglichkeitsprüfungs-Vereinbarung beider Länder zu Stande, dürfte dies "die beabsichtigte Zeitachse völlig sprengen", schätzt die Kanzlei ein.
Empfohlen wird dann, möglichst kurzfristig der polnischen Seite einen Besuch anzubieten, bei dem die Lage "in kleinem und hochrangigen Kreis vorbesprochen werden kann." Selbstverständlich könne auch eine Einladung nach Lubmin ausgesprochen werden. Im April dieses Jahres reiste dann tatsächlich eine polnische Delegation nach Lubmin. Aus den Dokumenten geht auch hervor, dass Warschau nachdrücklich eine gesetzeskonforme Beteiligung gefordert hatte, nachdem sie die zur Verfügung gestellten Informationen als nicht ausreichend eingestuft hatte.
Ministeriumssprecherin Marion Zinke ließ gestern offen, ob das "oberste Ziel" vom Schweriner Ressort vorgegeben wurde. Stattdessen betonte sie, dass "bei Vorhaben dieser Größenordnung die Einbeziehung juristischen Fachverstandes von außen absolut üblich" sei. Ebenso notwendig sei die Prüfung der Frage, ob und in welcher Form die polnische Seite einbezogen werden muss, da dies weitreichende Konsequenzen auf die einzureichenden Unterlagen, Ablauf und Dauer des Genehmigungsverfahrens habe. Im übrigen habe eine Konsultation zu offenen Fragen mit dem polnischen Umweltministerium stattgefunden. Dabei sei die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens botont worden.
Kommentare zu obigem Artikel:
Diese ganze Aktion zieht sich schon seit Beginn des Verfahrens durch. Nur durch die Aktivitäten der Bürgerinitiativen sind die betroffenen Bürger aufmerksam auf das Kohlekraftwerk gemacht worden. Hätte die Regierung ansonsten nicht schon längst eine Genehmigung still und leise erteilt? Schließlich haben sie auch Teile der Dong Unterlagen zum Einwendungsverfahren verfasst. Unsere polnischen Nachbarn so ausboten zu wollen, ist unmöglich. Diese Kirchturmpolitik zeigt, dass es sich nicht um ein rechtsstaatliches Verfahren handelt!!!
Da kannst Du lange warten, dass die Regierenden sich schämen. Die Schlossherren agieren schamlos gegen ihr eigenes Volk. 65 Prozent aller Einwohner von MV sind nicht für das Kohlekraftwerk und dennoch wird entgegen pausenloser Behauptung massiver politischer Druck auf die Genehmigungsbehörden ausgeübt. Der Märchenerzähler Gedbjerg, der uns das modernste Kraftwerk angeboten hat, straft sich selbst Lügen, wenn er nun ein noch besseres Kraftwerk herbeizaubert. Und er lügt weiter, indem er durch veränderte Betriebsführung keine schädliche Boddenerwärmung verursachen will. Das würde bedeuten, das Kraftwerk sofort abzuschalten, sobald die Temperatur des Peenewassers 12 Grad Celsius überschreitet. Womöglich erhofft sich DONG eine Genehmigung mit Auflagen, die kein Mensch und keine Behörde später überwachen. Steht das Kraftwerk erst einmal, stinkt es zum Himmel, 40 lange Jahre lang. Ich kann nur jedem raten, seine Kandidaten vor der Wahl zu fragen, wie sie zum Kohlekraftwerk stehen.
In dem am 22. Mai zu diesem Thema veröffentlichten Beitrag wurde unter anderem darüber berichtet, dass die Ministeriumssprecherin betonte, die Einbeziehung juristischen Fachverstandes von außen bei Vorhaben dieser Größenordnung sei absolut üblich. Da muss man doch fragen dürfen, ob das Ministerium der Meinung ist, die Mitarbeiter des Referates 123 – Umweltkoordinierung für wirtschaftliche Großvorhaben – mit dem Juristen Herrn Umland an der Spitze würden nicht über den notwendigen juristischen Fachverstand verfügen. Dies würde aber bedeuten, dass sie nicht geeignet sind für die vereinbarte Arbeitsaufgabe. Es ist auch kein Geheimnis, dass das Ministerium für den externen Fachverstand 200 Euro pro Stunde aus Steuergeldern bezahlt.