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OZ 27.04.2008:

Lubmin spaltet die SPD

 

Das Kohlekraftwerk wird zur Zerreißprobe. Ein Antrag auf Ablehnung des Meilers scheiterte auf dem SPD-Parteitag an nur einer Stimme.

Salem (OZ) Erwin Sellering kennt das schon. Kein SPD-Parteitag ohne Spalier stehende Demonstranten. Mal sind es Sehbehinderte, die gegen eine Kürzung des Blindengeldes protestieren. In Salem waren es vorpommersche Sozialdemokraten und Umweltschutzverbände, die dem Ministerpräsidenten und SPD-Chef einen ungemütlichen Empfang bereiteten.

 

„Wir fordern von Ihnen ein klares ,Nein’ zum Steinkohlekraftwerk Lubmin“, so Cathrin Münster von der Umweltschutzorganisation WWF. Sellering lächelte und verwies auf das rechtsstaatliche Genehmigungsverfahren, dem die Politik nicht vorgreifen dürfe. Das sagt der Regierungschef seit Wochen, wenn er zur tickenden Zeitbombe Lubmin gefragt wird. Kaum ausgesprochen, enteilte Sellering zu den anderen 93 wartenden Parteitagsdelegierten.

 

Doch auch im Saal brodelte es weiter. Der SPD-Ortsverband Usedom wollte dem Parteitag ein klares ,Nein’ der SPD zum Kohlemeiler am Bodden abringen. Beinahe wäre die Sensation gelungen. Nach turbulenter Debatte scheiterte ein entsprechender Antrag nur knapp an einer Stimme. 41 Delegierte stimmten dafür, 42 dagegen. Damit schrammte Sellering haarscharf an einer Blamage vorbei. Ein Ritt auf der Rasierklinge. Und es zeigte sich einmal mehr: Die Sozialdemokraten sind gespalten, wenn es um Lubmin geht. Das Kraftwerk stellt die SPD vor eine innere Zerreißprobe.

 

„Die SPD ist feige und beim Thema Kohlekraftwerk total zerrissen“, kritisierte Cathrin Münster nach der Abstimmung. Sie überreichte den Delegierten Briefe von Kraftwerksgegnern. Laut Münster waren innerhalb weniger Tage etwa 1500 Protestbriefe über das Internet eingegangen. Sorge gibt es vor allem, dass Umwelt und Tourismus durch Abgase und Kühlwasser-Einleitungen in den Greifswalder Bodden Schaden nehmen könnten.

 

Der dänische Investor Dong Energy will bis 2012/13 in Lubmin für rund 2,3 Milliarden Euro ein Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 1600 Megawatt errichten. Die Landes-SPD hatte von Dong eine Halbierung der Kraftwerksleistung gefordert. Das hatte der Konzern aber abgelehnt. Der SPD-Umweltexperte Gottfried Timm äußerte die Erwartung, dass nach einer Entscheidung der Behörden zum Bau des Kraftwerks Klagen eingereicht und letztlich Gerichte entscheiden werden.

 

Das frühere SPD-Landesvorstandsmitglied Karin Kaspar vom Ortsverein Usedom äußerte sich enttäuscht über den Parteitagsbeschluss: „Dieses Jein macht die SPD für viele in Vorpommern bei den Kommunalwahlen in wenigen Wochen unwählbar“. Norbert Nieszery, Chef der SPD-Landtagsfraktion, wollte diese Bewertung nicht teilen. Die SPD sei nicht gespalten. „Es gibt nur unterschiedliche Meinungen, die sich die Waage halten“, so Nieszery. Er sei aus politischem Kalkül glücklich, dass der Partei eine inhaltliche Grundsatzdebatte über Lubmin erspart geblieben sei.

 

Der Parteitag stimmte letztlich einem Grundsatzpapier zu, in dem sich die Partei erneut für eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energieträger wie Sonne, Wind und Biomasse ausspricht. Über das umstrittene Steinkohlekraftwerk müsse in dem laufenden „rechtsstaatlichen Genehmigungsverfahren“ entschieden werden. Sellering müssen die Ohren klingeln.

JÖRG KÖPKE


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